Dezember 2019

Otto Roos, Wasserschmecker, 1936, Bronze, gegossen, 130 x 45 x 46 cm. Lachenweg, Riehen

Foto: Nachlass Otto Roos

 

Otto Roos zeichnet für mehrere Brunnenfiguren im Raum Basel künstlerisch verantwortlich. Die wohl amüsanteste unter ihnen soll heute etwas näher vorgestellt werden.

Im Direktauftrag entwarf Otto Roos 1936 „einen Trinkbrunnen für Riehen mit einer in Bronze durchzuführenden Brunnenfigur, für die der Künstler in origineller Weise einen Wasserschmecker gewählt hatte (Ausführungssumme Fr. 3200.-)“, wie es im Jahresbericht der Kunstkredit-Kommission Basel-Stadt heisst.

 

Wasserschmecker, Gipsmodell, 1936

Foto: Nachlass Otto Roos

 

Ein knapper Hinweis in der Basler National-Zeitung vom 26. November 1936 erweckt den Eindruck, dass nicht von Anfang an eine Ausführung in Bronze gedacht war. Etwas mysteriös formuliert heisst es dort:

Die Idee eines ‚Wasserschmeckers‘ ist sehr lustig, aber die plastische Durchführung hätte man niemals einem Künstler vom Niveau dieses Bildhauers zugetraut. Vielleicht hat die Uebertragung dieses stark erzählerischen Motivs in den Stein zu dieser etwas schematischen Form geführt – und vielleicht eignet sich dieses Motiv besser für die beweglichere Bronze.

Jedenfalls wurde das Gipsmodell im Sommer 1937 von der Glockengiesserei H. Rüteschi in Aarau gegossen. Der „Wasserschmöcker“, wie es im Fakturenbuch der lokalen Dialektfärbung angepasst heisst, wog fertig ausgearbeitet 97 Kilogramm und wurde auf Kosten der Firma ausgeliefert.

Am 23. Oktober 1937 wurde der Trinkbrunnen mit dem Wasserschmecker als Bronzemännlein mit der Wünschelrute in den Händen auf dem Brunnenstock aus Granit nebst Brunnentrog aus demselben Material an der Ecke Grenzacherweg/Lachenweg in Riehen eingeweiht.

 

Wasserschmeckerbrunnen, Lachenweg, Riehen

Foto: Nachlass Otto Roos

 

Herausgekommen ist, so der Berichterstatter in der Riehener Zeitung vom 29. Oktober 1937,

eine originelle Zierde unseres Dorfes … ein ‚Wasserschmecker‘ mit seiner Rutengabel, angetan mit hohem Hut, dessen Rand ein wein- (nicht wasser-)seliges Gesicht umrahmt; und mit einem feisten Bäuchlein. […] Der Künstler hat den volkstümlichen Ton getroffen und macht mit seiner Brunnenfigur allseitig Freude.

Hatte der offensichtlich urban sozialisierte Rezensent in der National-Zeitung die Figur noch als schematisch kritisiert, wird sie in der Dorfzeitung für ebendiese Reduktion zum populären Typen gelobt. Man darf annehmen, dass der Künstler, seinerseits seit 1927 mitten unter den Rebstöcken am Riehener Schlipf wohnhaft, sehr wohl zwischen städtischen und ländlichen Erwartungen an seine gestalterischen Fähigkeiten zu unterscheiden wusste.

Im Hinblick auf seine grosse Jubiläums-Ausstellung zum 50. Geburtstag, die 1938 in der Kunsthalle Basel stattfand, gestaltete Otto Roos eine Kleinplastik von nur gerade 8 cm Höhe, welche die volkstümliche Charakterisierung des Wasserschmeckers zusätzlich ins Groteske überzeichnet wiedergibt. Von der Kleinplastik, die im Katalog der ausgestellten Werke nicht aufgeführt ist, aber offenbar gut aufgenommenen worden ist, wurden bis zum Ende der Ausstellung laut Verkaufsabrechnung mehrere Exemplare verkauft. Demnach gab es eine kleine, nicht näher bestimmbare Edition. Bis auf das unten widergegebene Exemplar aus dem Nachlass des Künstlers konnten bislang keine weiteren Exemplare lokalisiert werden.

Otto Roos, Wasserschmecker, Kleinplastik, Bronze, gegossen, 8 x 4.5 x 4.5 cm (ohne Sockel). Nachlass Otto Roos

Foto: Astrid Sedlmeier, 2017