Februar 2020

Otto Roos, Meerweibchen, um 1910, Aquarellzeichnung, 38.2 x 50.3 cm

Erbengemeinschaft Otto Roos

Fotos Bettina Thommen, Selina Spatz

 

In einer Werkliste im Nachlass des Künstlers Otto Roos ist an einer Stelle vermerkt: Meerweibchen, grosser Holzleuchter, um 1910, für Albert Haubensak.

1901-1904, also im Alter von 14 bis 17 Jahren absolviert Otto Roos bei Holzbildhauer Bill an der Äusseren Missionstrasse eine Lehre zum Holzbildhauer.

Erhalten ist aus dieser Zeit eine ganze Reihe von ornamentalen Entwürfen. Die meisten Entwürfe stammen aus dem dritten und vierten Lehrjahr.

Otto Roos, Entwürfe für Holzschnitzereien, 1903 und 1904.

Erbengemeinschaft Otto Roos

Fotos Bettina Thommen, Selina Spatz

 

Neben seiner Tätigkeit als Maler, Bildhauer und Plastiker hat Roos sein Wissen und Können als Holzbildhauer auch noch viele Jahre nach Abschluss der Lehrzeit gerne eingesetzt. Dabei hat er Holz stets als kunsthandwerkliches Material verstanden und nur im privaten Rahmen verwendet. Damit hat er es klar von den Materialien unterschieden, die er für seine freien Kunstwerke und für die im Auftrag entstandenen Bilder wählte.

Neben einigen Möbeln, die wohl um 1920 für den eigenen Haushalt entworfen worden sind und zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt werden sollen, entwarf Otto Roos bereits um 1910, vermutlich als Hochzeitsgeschenk für seinen Onkel Albert Haubensak, der die Samenhandlung der Familie Haubensak weiterführte, einen aus Holz geschnitzten Leuchter. Der Leuchter ist dem Typus des Lüsterweibchens nachempfunden ist; einem Kronleuchter aus Geweihstangen, die an der Basis von einer weiblichen Halbfigur zusammengehalten werden.

Derartige Beleuchtungskörper sind seit dem 14. Jahrhundert bekannt, waren aber vor allem im Historismus des 19. Jahrhunderts in bürgerlichen Haushalten sehr beliebt.

Lüsterweibchen, 19. Jahrhundert. Museum Humpis-Quartier, Ravensburg

Foto wikipedia

 

Der von Otto Roos geschaffene Kronleuchter selbst ist verschollen. Drei Zeichnungen aus dem Nachlass, die oben wiedergegebene Aquarellzeichnung  und zwei Vorstudien, geben aber einen Eindruck davon, was man sich unter dem in einer Werkliste erwähnten grossen Holzleuchter vorstellen muss.

Otto Roos, Vorstudien zum Meerweibchen, um 1910, Graphit, 38.3 x 50.3 cm (links), 50.5 x 40.8cm (rechts).

Erbengemeinschaft Otto Roos.

Fotos Bettina Thommen, Selina Spatz